Rosa Winter

„Das war halt noch eine schöne friedliche Zeit.“

Rosa Winter wurde 1923 in Königswiesen/Oberösterreich als viertes Kind einer Sinti-Familie geboren. Ihre Eltern zogen mit den zwölf Kindern in Wohnwagen durch Österreich von Markt zu Markt, dort verkaufte der Vater Waren. Rosa Winter besuchte keine Schule. Sie half im Haushalt mit und betreute die jüngeren Geschwister. Als die Familie im Herbst 1939 in Salzburg Station machte, wurde sie von der Polizei festgehalten, ihrer Wagen, Pferde und Waren beraubt und in ein Sammellager auf dem Areal der Trabrennbahn gebracht. Im September 1940 kam sie ins Lager Maxglan, wo sich kurz darauf die NS-Filmregisseurin Leni Riefenstahl StatistInnen für den Film „Tiefland“ aussuchte. Auch Rosa Winter wurde zu den Dreharbeiten nach Mittenwald in Deutschland gebracht. Als sie erfuhr, dass ihre Familie weggebracht werden sollte, flüchtete sie, wurde aber bereits in Rosenheim gefasst und im Salzburger Polizeigefängnis inhaftiert. Dort in der Zelle sah sie ihre Mutter zum letzten Mal. 1941 wurde sie ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.

„ Und Schule haben wir keine gekannt, weil wir heute da waren und übermorgen dort. Da haben wir dann wieder die anderen Leute getroffen, die da waren, unsere Bekannten, da haben wir uns wahnsinnig gefreut. Naja, wo die Märkte sind, die Männer haben halt gesungen und gespielt, ja musikalisch. Und alles ist so friedlich abgegangen. Ja, manche haben weniger verkauft, die anderen halt mehr, aber ein so ein Zusammenhalt war. Weil nur ein Topf Suppe ist gekocht worden, hat ein jeder was gekriegt, ein jeder. Das war halt noch eine schöne friedliche Zeit. “

Im Herbst 1940 begann Leni Riefenstahl mit den Dreharbeiten zu ihrem Film „Tiefland“. Dafür suchte sie im Lager Maxglan StatistInnen aus. Im Herbst 1940 und im Sommer 1941 wurden 40–60 Häftlinge unter polizeilicher Bewachung nach Krünn im Mittenwald/Deutschland zum Drehort gebracht. Der Lohn für die StatistInnen wurde an die Lagerkassa ausbezahlt. Im Vertrag wurde eine sofortige Meldung bei Fluchtversuchen vereinbart.



„ Naja, weil ich davongerannt bin von dem Film. Da hat’s geheißen, das ist Arbeitssabotage. Da haben sie mich dann in Salzburg auf die Kriminalpolizei hingebracht, eh da im Gefangenenhaus. Da hat mich die Helene Riefenstahl noch besucht. Und sie hat sich das erhofft, dass ich halt um Verzeihung bitte und dies und das. Das habe ich aber nicht gemacht … Nein, das hab ich nicht gemacht. „Ach so“, hat sie gesagt, „dann kommen Sie auch ins KZ. Wenn Sie es so haben wollen, gehen Sie halt hinein.“ Dann, wie ich in Ravensbrück gewesen bin, hätte sie mich angefordert. Da hätte ich müssen mich sterilisieren lassen. Ältere Frauen, meine Tante haben gesagt, mach das nicht. Da haben sie gesagt, ich bleibe da. Das war dann alles. “


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Sinti in Österreich bis 1943

Seit dem Mittelalter leben fahrende Sinti und Roma in Österreich. Die Bildung moderner Nationalstaaten erschwerte gegen Ende des vorigen Jahrhunderts nomadische Lebensweisen. Staatliche Politik wurde es, Sinti zwangsanzusiedeln oder sie des Landes zu verweisen. Ab 1918 kam es zu internationalen Kooperationen, um eine „Lösung des Zigeunerproblems“ herbeizuführen. Bis 1938 lebten ca. 3.000 fahrende Sinti in Österreich. Nach dem „Anschluss“ trat der „Festsetzungsbescheid“ in Kraft, der es den Sinti verbot, ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort zu verlassen. Die meisten von ihnen wurden in Salzburg im Sammellager Maxglan/Leopoldskron inhaftiert und mussten Zwangsarbeit leisten. 1943 wurde das Lager aufgelöst, die meisten Häftlinge wurden ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert.